Weihnachten unterwegs mit Huskies

Ein Bericht von Kati Teupel

Auch das letzte, etwas steilere Teilstück der kleinen Zufahrtsstraße scheinen die Hunde geradezu hinaufzufliegen, so groß ist ihre Vorfreude auf den Tourenbeginn – und meine könnte größer nicht sein. Dann liegt die riesige Eisfläche des Altevatn vor uns. Die wenigen am Ufer stehenden Bäume und Sträucher sind in dicke Raureifpanzer gehüllt. Eiskristalle in unvorstellbar beeindruckenden Formen.

Nachdem die Temperaturen an den Vortagen deutlich gestiegen waren, erwarteten wir für die vor uns liegende 3-Tagestour eigentlich keine allzu tiefen Temperaturen. Doch der Eisnebelschleier über der Eisfläche ließ etwas anderes erahnen. Die nicht sonderlich schwer beladenen Schlitten manövrierten alle ohne Schwierigkeiten die unter einer mächtigen Schneedecke begrabene Uferböschung hinab. Kaum auf dem Eis, legt sich die erste Aufregung vom Start und weicht einem unglaublichen Glücksgefühl. Die Freude der Huskys, die voll und ganz in ihrem Element sind, überträgt sich uneingeschränkt.

Mit Jiippiii- und Juchhuuu-Rufen lasse ich meinen Gefühlen freien Lauf und stimme meinem Team zu.
Ja, es ist absolut großartig, ein Traum, der Wirklichkeit ist. Nur flüchtig denke ich an die unzähligen Abenteuer und die eisige Welt, die ich mit vielen Büchern erlebt und bereist habe. Mit Jack London den Yukon entlang, mit Nicolas Vanier und Otchum am Baikalsee und mit Shackleton auf Elephant Island. Und nun hier, im Norden Norwegens.

Wir sind zu fünft unterwegs und halten auf dieser ersten Etappe die Abstände zwischen den Teams gering und dennoch verschwindet der rote Anorak von Rainer immer wieder kurz im Nebel. Aber Naitha, diese langbeinige Schönheit findet sicher den Weg. Neben ihr läuft wie auch auf unserer Tour zuvor der schüchterne Lucky, der in seiner Aufregung und Vorfreude die gesamte Meute mit seinen Arien erfreut. Die wunderschöne, fleissige Mille und der Raufbold Teddy laufen in den Reihen dahinter. Direkt vor dem Schlitten habe ich Bongo und den witzigen Kræsj platziert. Jedes Mal, wenn wir gröbere Eisbrocken passieren und der Schlitten rumpelt, dreht sich Kræsj zu mir nach hinten um und scheint zu sagen: Hei, was machst du da hinten, lass das!

Polarnacht - die Sonne kommt nicht über den Horizont

Es ist der zweite Weihnachtsfeiertag am frühen Nachmittag und der Himmel zeigt sich in einer Farbpalette von Tiefrosa bis Dunkelviolett und zeichnet deutlich die Silhouette des Fjells zu beiden Seiten des Altevatn. Es bleibt nicht viel Zeit für Weihnachtslieder, das Lavvo, unser Tagesziel ist heute schnell erreicht. Der Raureif hat die Hunde wie auch meinen Parka vollständig überzogen. Die Spitzen ihres Pelzes sind weiß und Naitha haben die -23°C eine lustige Maske aufgesetzt. Obwohl sich unsere Teams gerade erst warmgelaufen haben, erklimmen wir routiniert das Ufer und richten uns für die Übernachtung ein.
Tagsüber auf den Kufen stehend sind es Worte der Dankbarkeit und Motivation, die an die Ohren des Teams dringen und nun am Ende der Etappe ist es endlich so weit – Zeit für Streicheleinheiten, Schmusestunden und Massagen!!! Am liebsten alle gleichzeitig!!! Um wenigstens ein bisschen zurückgeben zu können. Meine Dankbarkeit ist unendlich groß genau wie mein Erstaunen über die Fähigkeiten und die Leistung, zu der diese Huskys imstande sind. Bongo trampelt aufgeregt mit den Vorderpfoten in seiner Schlafmulde und genießt leise knurrend eine Rückenmassage. Lucky, dieser anfangs so schüchterne, immer fleißige Arbeiter dreht verschmust seinen Kopf unter meinen Arm.

Kræsj zerrt aufgeregt am stake-out, für ihn ist immer Zeit zum Spielen. Er hüpft und lässt sich klopfen. Mille, dieses fleissige Mädchen bleibt zusammengerollt im Schnee und genießt jede Berührung in vollen Zügen. Naitha, die wunderbare, manchmal verspielte Leithündin lauscht gespannt meinen Worten und scheint stolz über jedes Lob. Als letztes ist Teddy an der Reihe, die Ungeduld ist deutlich in seinem vernarbten Gesicht zu erkennen. Dieser Raufbold begegnet jeder Berührung mit unendlicher Zärtlichkeit und mag einen nie wieder freigeben.
Bereits auf der zweiten Etappe haben alle Gäste ihr Team ins Herz geschlossen. Sie haben fleißig Namen gelernt und die alberne Zurückhaltung mit den Hunden unterwegs zu plaudern oder zu singen abgelegt und genießen in dieser Weite das Gefühl unendlicher Freiheit. Voller Bewunderungen schließt jeder unglaublich schnell Freundschaft mit diesen erstaunlichen Schlittenhunden. Und ich, die ich den ganzen Herbst mit ihnen verbringen durfte, genieße sie alle zu kennen. Sie haben mir während unseres Trainings so viel beigebracht und schon nach wenigen Tagen sind aus fremden Hunden nicht nur Persönlichkeiten sondern Freunde geworden. Jeder mit seinen Eigenarten, Vorlieben und Angewohnheiten, unvoreingenommen und voller Vertrauen.

Am nächsten Tag setzen wir unsere Tour auf dem Altevatn durch die Polarnacht fort. Bei klarer Sicht und Windstille legen die Hunde richtig Tempo an den Tag. Ihre Lauffreude ist so deutlich spürbar. Schnell ist die wilde Aufregung vor dem Start vergessen und wir bewegen uns begleitet vom Hecheln der Huskys und dem Geräusch der Kufen in dieser stillen Winterwelt. Die Sonne vollführt, obgleich sie selbst uns in der Polarnacht verborgen bleibt, ein beinahe unbeschreibliches Farbspiel und lässt einen die Welt für Momente vergessen. Am Horizont zeigt sich der Himmel mit tief orangen und sonnenlichtdurchfluteten Streifen, die in Variationen von Rosa und Violett in ein tiefes Dunkelblau übergehen.

Weihnachten auf der Huskylodge

:-)

Bei Ane und Jan habe ich eine ganz außergewöhnliche Art des Zusammenlebens mit Schlittenhunden kennengelernt, mit unglaublichem Verständnis, riesiger Zuneigung und großen Vertrauen auf beiden Seiten. Ich weiß nicht, wo Huskys sich wohler fühlen könnten.
Professionell, sicher und verantwortungsbewusst führen Ane und Jan ihre Gäste. Ihre Touren sind von großer Herzlichkeit, immerwährender Hilfsbereitschaft und freundschaftlicher Atmosphäre geprägt. Und alle haben einen Riesenspaß in Schnee und Eis.

So sind die Abenteuer mit Schlittenhunden im hohen Norden nicht nur unglaublich, sondern unvergesslich!!!

:-)