Ein Tag als Hundetrainer

Kurz nach sieben überquere ich den Hof und wünsche den Hunden einen schönen Guten Morgen. Kompis, der weit vorn im Hundehof steht, weiß schon immer bevor mein Wecker klingelt, dass es Zeit ist und sich in der kleinen, gemütlichen Hütte etwas regt. Aber diese frühe Stunde gehört erst einmal für ein ausgiebiges Frühstück mir, obwohl sonst immer und selbstverständlich die Huskies Vorrang haben. Noch ist es hell um diese Zeit, auch wenn die Sonne nicht mehr über die Berggipfel ringsum kommt. Wenn in absehbarer Zeit die Polarnacht beginnt, habe ich dann die Stirnlampe ständig griffbereit. Der Blick zum Himmel verspricht einen etwas ungemütlichen Herbsttag, aber niemand im Hof nimmt außer mir Notiz davon. Wir trainieren bereits seit ein paar Wochen und haben so viel Spaß, die blauen Flecken der ersten Tage und die verdrehten Finger sind vergessen, der Muskelkater dank der Sauna längst vorbei. Jetzt warten wir alle auf den Schnee, der gar nicht zeitig genug kommen kann.
42 Schlittenhunde und fünf mittlerweile Halbstarke, für die sich die erste Saison mit großen Schritten nähert. Als erstes heißt es da Namen lernen und zwar schnell, denn zu wissen wer ist wer ist die unabdingbare Grundlage für ein gutes Teamwork. Nur so finden einzelne Kommandos ihren Adressaten. Im Hundehof ist immer etwas zu tun und so lassen sich die Versuche die vielen den Sommer über gegrabenen Löcher zu füllen mit dem Kennenlernen der Bande verbinden.
Beim Quad, unserem auf den ersten Blick etwas monströs wirkenden Trainingswagen, müssen die Ketten aufgezogen werden, denn die Trainingstrails sind jetzt oft rutschig. Bis wir auf den Trails eine schlittentaugliche Schneedecke haben, sind wir mit dem Quad im Gelände unterwegs. Solange wir von Schneematsch verschont bleiben und ich das Gefährt mit den fleißigen Kraftpaketen voran in der Spur halten kann, sind wir mit 10er Teams unterwegs. Bei schwierigeren Bedingungen dann nur noch mit jeweils acht Huskies. Gerade haben wir eine neue kleine Runde für unser Training erschlossen. Ein alter Weg und eine kleinere Verbindung waren zu zweit bewaffnet mit Motorsäge und Freischneider an einem Tag geräumt und nun erkunden wir jeden Tag die neue Strecke. Die Hunde lassen sich von dem lärmenden Quad, das sich ihnen folgend den Weg über Stock und Stein bahnt, nicht stören, sie sind ganz in ihrem Element.
Bevor wir jedoch beginnen unsere Runden zu drehen, gibt es auch für die Meute Frühstück, eine Fleischsuppe, damit gesichert ist, dass jeder genug Flüssigkeit aufnimmt. Dann noch im Hundehof sauber machen. So vergehen meist schon anderthalb Stunden wie im Flug. Wenn dann das Quad oder später der Schlitten in die Startposition gebracht und die Geschirre herangeschleppt werden, bricht ohrenbetäubender Lärm im Hundehof los. Alle wollen los und zwar sofort und machen dies mit ihrem Gebell, Gequietsche und Geschrei deutlich. Diese explodierenden Fellknäule ins Gespann zu bringen ist mitunter ein richtiger Kraftakt und verlangt viel Geduld, nicht nur von den bereits angeschirrt Wartenden. Durchgeschwitzt schwinge ich mich dann auf das Trainingsgefährt und ab geht es.

Es bauen sich schnell Freundschaften auf!

Die Runde ist für die letzte Fuhre des Tages fast geschafft, noch einmal nach rechts den Hang hinauf und wir sind zurück auf der Farm, doch Speedy meine Leithündin auf der Runde verweigert mir dieses letzte „gee“. Ich halte das Gespann an und rufe von meiner Kommandobrücke immer wieder „gee“, doch Speedy beharrt auf einer Fortsetzung des Weges geradeaus und so stehen wir an der Kreuzung. Im Team habe ich zwei unserer Halbstarken, für die doch alles nur Spaß sein darf, ohne Komplikationen und vor allem ohne schlechte Erfahrungen noch vor ihrer ersten Saison. Ich halte das Quad nur mit Mühe gebremst, denn alle anderen im Team wollen weiter nur die Richtung stimmt noch immer nicht und plötzlich, Speedy scheint noch immer nicht einverstanden mit dem, was ich will, zieht das gesamte Gespann das Quad mit einem Ruck nach rechts. Längst haben erfahrene Teammitglieder in den hinteren Reihen kapiert, was ich will, doch nun landen wir, ich kann das seitlich wegrutschende Quad nicht halten, in dem kleinen Graben neben dem Weg. Ich rappel mich auf, sehe nach den Hunden, ein Glück niemand ist durch unseren „Unfall“ verletzt. Die Jungen sind aufgeregt und alle anderen zerren an den verhedderten Leinen. Ich versuche so gut es geht die Leinen zu entwirren und das Quad wieder auf die Spur zu bringen, aber keine Chance, wir brauchen Hilfe. Allein bekomme ich mit den wild ziehenden Hunden das Quad nicht befreit. Jan und Ane sind zum Glück schnell herbeigerufen und eine halbe Stunde später sind wir mit einem etwas ramponierten Quad wieder flott.
Im Hundehof herrscht manchmal ein etwas rauer Ton. Schon kleinste Zwistigkeiten sollen ebenso wie ein eifersüchtiges Schnappen nach dem Glückspilz, der gerade ins Team darf, sofort unterbunden werden. Zudem sollte beim Füttern möglichst Ruhe herrschen.

Ein Unternehmen, das einem manchmal am Ende des Tages heisere Stimmbänder verschafft. Aber nur eine klare und konsequente Linie sorgt dafür, dass auf den Touren alle Spaß haben und Rivalitäten oder Streitigkeiten die Freude nicht verderben.

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Große Beachtung gilt immer der Versorgung der Hunde. So steht nicht nur alle vier bis sechs Wochen Futter herstellen als tagesfüllende Aufgabe auf dem Plan. Jeden Tag muss eine ausreichende Menge Futter bereitstehen, was bei sich öfter ändernden Temperaturen und entsprechend der Trainingsintensität viel Aufmerksamkeit verlangt.

Sinken die Temperaturen tagsüber überraschend, kann es sein, dass ich nach Trainingsschluss für über 40 Hunde das noch gefrorene Futter mit klammen Fingern in Stücke hacken muss, wo ich doch jetzt auch am liebsten am warmen Ofen die kalten und nassen Sachen trocknen und ein Buch zur Hand nehmen möchte. Aber wer so fleißig trainiert, hat auch nur das Beste verdient, also wische ich meine eigenen Bedürfnisse noch kurz beiseite.

Denn erst, wenn es am Abend ruhig wird im Hundehof und sich alle langsam in ihre Hütten zurückziehen, die Polarlichter über uns flimmern und ich noch für ein paar Massagen durch die Reihen gehe, ist ein weiterer wunderbarer Trainingstag viel zu schnell beendet. Ane und Jan haben mich wie jeden Abend mit Köstlichkeiten zum Abendbrot verwöhnt, wir haben über die Hunde geplaudert und Pläne geschmiedet und nun feuere ich den Ofen in der gemütlichen Hütte und genieße den Abend bis wir morgen früh auf ein Neues starten.

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